BGM-Prozess: Maßnahmenplanung

Im nächsten Schritt definieren, priorisieren und gestalten Sie passgenaue Gesundheitsmaßnahmen im Unternehmen – aufbauend auf den Ergebnissen der Bedarfsanalyse. Erfolgreich ist BGM, wenn die Maßnahmen der Verhältnis- und Verhaltensprävention aufeinander abgestimmt, dauerhaft miteinander verknüpft und systematisch durchgeführt werden.

Handlungsschwerpunkte festlegen

 

Durch die Vorbereitung und Analyse haben Sie vielleicht schon eine grobe Vorstellung gewonnen, wo sich in Ihrem Betrieb Potenziale verbergen. Wenn nicht, ist das auch nicht schlimm. Jetzt geht es darum, aus den Ergebnissen Handlungsschwerpunkte abzuleiten. Das sind die Bereiche, in denen auf Basis der Analyse der größte Handlungsbedarf besteht. Ziehen hierbei in Betracht, welche Schwerpunkte für den gesamten Betrieb gültig und vordringlich sind und welche (nur) bestimmte Beschäftigtengruppen betreffen.

 

In der Praxis führen Unternehmen häufig Workshops durch, um Handlungsschwerpunkte festzulegen und umfassend zu beschreiben. Folgende Leitfragen können dabei helfen:

 

  • Worum soll es bei dem Handlungsschwerpunkt gehen?
  • Wie stellt sich der Ist-Zustand dar?
  • Was soll konkret erreicht werden und wie soll dies gemessen werden?
  • Wer soll an der Bearbeitung und Steuerung in welcher Rolle beteiligt werden?
  • Welche Personal- und Sachmittel stehen zur Verfügung?

 

Beispiele für Handlungsschwerpunkte

Als Orientierung dienten lange drei klassischen Säulen des BGM – Arbeits- und Gesundheitsschutz, Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM), Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF). Da Gesundheit am Arbeitsplatz vielschichtig und BGM ein Querschnittsthema ist, greifen die Säulen häufig zu kurz. Heute gibt es viele Handlungsfelder, die sich nicht nur einer der drei Bereiche zuordnen lassen. Zum Beispiel: Gesunde Führung, die Zusammenarbeit im Team, Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Pflege, Bewegungsförderung am Arbeitsplatz, Arbeitsschutz, BEM, Umgang mit Abwesenheit u.v.m.

 

BGM: Arten der Prävention verstehen

 

Um Maßnahmen zu planen hilft es, verschiedene Arten der Prävention zu kennen. Denn: Es gibt verschiedene Dimensionen für BGM-Maßnahmen. Zum einen gibt es verschiedene Stufen der Gesundheitsförderung und -erhaltung. Dazu gehören etwa Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention.

Stufen der Prävention

  1. Primär
    Erkrankungen, Risiken & Verletzungen verhindern, bevor sie auftreten.
  2. Sekundär
    Erkrankungen & Risiken früh erkennen und behandeln, bevor sie schlimmer werden.
  3. Tertiär
    Die Folgen bestehender Erkrankungen minimieren & Verschärfung verhindern.

 

Beispiele für die Präventionsstufen

 

Primärprävention

 

  • Gesundheitsförderliche Gestaltung der Arbeitsplätze und Arbeitsmittel
  • Psychosoziale Unterstützung
  • Gesundheitsgerechte Führung
  • Bewegungsförderung durch Sport- oder Fitnessangebote oder Rückenkurse
  • Ergonomie: Beratung und Schulung, höhenverstellbare Schreibtische
  • Infos, Beratung & Schulungen zur gesunden Ernährung; gesundes Kantinenessen
  • Einrichtung eines sicheren Arbeitsumfeldes
  • Seminare zum Stress- und Zeitmanagement
  • Suchtpräventionskurse in Bezug auf Rauchen, Alkohol, Cannabis usw.

 

 

Sekundärprävention

 

  • Regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen bzw. arbeitsmedizinische Vorsorge
  • Früherkennungsprogramme & Screenings für arbeitsbedingte Krankheiten
  • Interventionen zur Stressbewältigung 
  • Interventionen, Burnout vorzubeugen

 

 

Tertiärprävention

 

  • Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
  • Einführung systematischer Rückkehrgespräche mit Dienstvereinbarung
  • Anpassung von Arbeitsbedingungen für Beschäftigte mit chronischen Erkrankungen,
  • Rehabilitation
  • Begleitung von Beschäftigten in Krisen (z.B. bei Mobbing)

 

Verhaltens- und Verhältnisprävention

 

Zudem unterscheidet man zwei Ansätze zur Prävention von Berufskrankheiten und Krankheitsausfällen: Die Verhalten- und Verhältnisprävention. In der Praxis ist es oft notwendig, in einem Handlungsschwerpunkt verhältnis- und verhaltenspräventive Maßnahmen miteinander zu kombinieren.

 

Verhaltensprävention

Maßnahmen zielen auf das Verhalten von Beschäftigten ab: Indem sie ihren Alltag gesundheitsfördernd gestalten, sollen Erkrankungen und Verletzungen verhindert werden.

 

Beispiele

  • Information & Aufklärung über eine gesundheitsförderliche Lebensweise
  • Kurse zu Zeit- und Stressmanagement oder Entspannung
  • Bewegungs- und Sportkurse, Gesundheitscoachings
  • Ernährungs- oder Suchtberatungen
  • Arbeitspsychologische Beratungsangebote
  • Employee Assistance Program (EAP)
  • Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
  • Früherkennungsuntersuchungen & Screenings
  • Schulungen für (Nachwuchs-)Führungskräfte zur gesunden Führung

 

Verhältnisprävention

 

Maßnahmen zielen auf die Arbeitsplatz- und Lebensbedingungen ab: Indem Betriebe die Arbeitsplätze gesundheitsförderlich gestalten, sollen Erkrankungen und Verletzungen verhindert werden. Zur Verhältnisprävention gehören etwa die Bereiche Arbeitsorganisation, Arbeitsaufgabe, Arbeitsplatz  und -umfeld, Führung und Zusammenarbeit.

 

Beispiele

  • Optimierung der Arbeitszeit und flexible Arbeitszeiten – auch für eine bessere Vereinbarkeit von Familie & Beruf
  • Richtlinien wie etwa Alkohol- und Rauchverbote in den Arbeitsstätten
  • Einführung einer Betriebsverordnung zu den Themen Gesundheit und Mobbing
  • Seminare zu Kommunikation und digitalen Zusammenarbeit im Team
  • Durchführung gendergerechter Gefährdungsbeurteilungen
  • Gesunde Arbeitsplatzgestaltung, durch ergonomische Ausstattung, wie höhenverstellbare Schreibtische, ergonomische Bürostühle und Elektronik.
  • Gestaltung von Schichtpläne, die die innere Uhr berücksichtigen
  • Vorhandensein von Pausenräumen, die der Erholung förderlich sind
  • Gesunde Ernährung in der Kantine oder Verpflegungskonzepte
  • Verringerung von Lärm, Gerüchen, und ähnlichen Stressoren am Arbeitsplatz
     

BGM-Maßnahmen festlegen

 

Sie sehen: Die Auswahl ist groß. Für welchen Präventionstyp und welche Maßnahmen Sie sich entscheiden, hängt stark von Ihrer Unternehmensgröße und Ihrem individuellen Kontext ab. Ausgehend von den Analyseergebnissen und Handlungsschwerpunkten wählt Ihr Steuergremium die geeigneten Maßnahmen aus. Aber keine Sorge. Sie müssen nicht für alle Handlungsschwerpunkte Maßnahmen auswählen.

 

Für jeden Handlungsschwerpunkt können Sie heterogene Unterarbeitsgruppen bilden – bestehend aus zwei bis sechs Personen, die die Personalstruktur im Unternehmen umfassend abbilden. Von Vollzeit, Teilzeit und Schichtarbeit, unterschiedlichen Altersgruppen, Geschlechtern und Abteilungen sollte alles dabei sein. Betrifft eine Thematik nur eine bestimmte Personengruppe, sind auch homogene Arbeitsgruppen möglich. Die Arbeitsgruppen entwickeln dann konkrete Maßnahmenvorschläge

Dokumentation: Maßnahmenplan erstellen

 

Im Maßnahmenplan konkretisieren Sie das weitere Vorgehen: Wer ist für welche Maßnahme verantwortlich? Bis wann soll die Maßnahme in welcher Qualität umgesetzt sein? Woran soll der Erfolg der Maßnahme gemessen werden? In der Praxis hat sich bewährt, für jede Maßnahme einen schriftlichen Plan zu erstellen. Diese sollte mindestens folgende Punkte enthalten:

 

  • Kurzbeschreibung: Um welche Maßnahme handelt es sich genau?
  • Ziel: Welche in der Analyse zu Tage getretene Belastung soll reduziert bzw. welche gesundheitsförderliche Ressource gestärkt werden?
  • Zielgruppe: An wen richtet sich die Maßnahme? An alle Beschäftigten im Betrieb oder nur an eine bestimmte Gruppe/ Abteilung?
  • Organisatorischer Rahmen: Ist die Maßnahme für Beschäftigte freiwillig oder verpflichtend?
  • Zeit: Findet die Maßnahme innerhalb oder außerhalb der Arbeitszeit statt?
  • Häufigkeit: Wie oft wird die Maßnahme angeboten?
  • Kennzahl(en): Woran soll der Erfolg der Maßnahme gemessen werden?
  • Beteiligte: Wer ist in Planung und Umsetzung involviert?
  • Ressourcen: Welche Personal- und Sachmittel oder organisatorischen Maßnahmen sind erforderlich?

 

Als Vorlagen können etwa die Maßnahmensteckbriefe der Unfallversicherung Bund und Bahn (UVB) genutzt werden.

Pflicht oder freiwillig?

Als Faustformel gilt: Je wichtiger die in der Maßnahme vermittelten Fertigkeiten und Fähigkeiten für den Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit sind, desto eher sollte diese verpflichtend und daher innerhalb der Arbeitszeit angeboten werden.

 

Planung abgeschlossen?

 

Je nach Unternehmensgröße werden die Maßnahmen den Interessens- und Personalvertretungen und Gleichstellungsbeauftragten vorgestellt.  Stimmt auch die Geschäftsleitung den geplanten Maßnahmen zu, können Sie im nächsten Schritt mit der Durchführung starten.

 

Weiterführende Infos

1
BMI (2022): Handlungsschwerpunkte und Maßnahmen im BGM
2
PsyGA: Handlungshilfe BGM